"Lasst Euch nicht irritieren. Wenn Ihr etwas zu sagen habt, erhebt die Stimme" - Toplum24
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"Lasst Euch nicht irritieren. Wenn Ihr etwas zu sagen habt, erhebt die Stimme"

Unsere jungen Reporterinnen und Reporter waren nicht nur auf kommunaler Ebene unterwegs, sondern sie besuchten auch den Hessischen Landtag. Dort sprachen sie mit namhaften hessischen Politikerinnen und Politikern und bekamen offene Antworten auf ihre Fragen, z.B. wie sie zur Politik gekommen sind oder welchen Appell sie an Jugendliche bezüglich ihres Engagements in der Politik haben.

Corrado di Benedetto, SPD-Abgeordneter im Landag, Wiesbaden

Frage: Was sind die unterschiedlichen Aufgaben der Politiker in der Bundes- bzw. der Landesregierung und was machen die Politiker außerhalb ihrer parlamentarischen Arbeit?

Antwort: Es gibt drei verschiedene Ebenen der Politik in unserer Republik. Es gibt den Bundestag, dort werden Gesetze erlassen, die für die ganze Bundesrepublik Gültigkeit haben. Dann gibt es die Länderparlamente wie den Hessischen Landtag, der Gesetze für das ganze Land Hessen macht. Und dann gibt es noch die kommunale Ebene, also die Kommunalparlamente, die regeln, was nicht immer in Form von Gesetzen, aber in Form von politischen Entscheidungen in der Kommune Gültigkeit hat. Das sind grob gesagt die unterschiedlichen politischen Ebenen. Alle Gesetze und alle Regelungen die getroffen werden, sowohl in den Städten und Gemeinden, also in den Kommunalparlamenten, als auch in den Länderparlamenten, aber auch in Berlin, müssen dem Grundgesetz entsprechen. Wir haben eine Verfassung hier in Deutschland, die, wie ich finde, sehr gut ist, das Grundgesetz, und alle Gesetze, die auf allen Ebenen erlassen werden, müssen sich an diesem Grundgesetz messen. Das ist ganz wichtig.

Außerhalb der parlamentarischen Arbeit haben wir natürlich einen regen Kontakt zu den Menschen in unseren Wahlkreisen. Ich bin jede Woche dutzende Male in meinem Wahlkreis und spreche mit Schulen, mit Organisationen, mit Polizeibehörden, mit Menschen, die mit mir Kontakt aufnehmen. Das ist auch ein Großteil unserer Arbeit, dass wir den Kontakt zu den Menschen pflegen, für die wir auch Verantwortung tragen in unserem Wahlkreis. Das ist ein ganz wichtiger Bereich. Es ist manchmal nicht leicht, das miteinander zu verbinden, weil wir hier im Parlament doch relativ viel Zeit verbringen müssen, gerade wenn die Plenumssitzungen sind. Das dauert jeweils drei Tage, manchmal ohne Pause von morgens bis abends, und davor werden natürlich entsprechend die Anträge in den Ausschüssen vorbereitet, das heißt, man verbringt relativ viel Zeit hier im hessischen Landtag.

Frage: Welchen Appell haben Sie an Jugendliche in unserem Alter, sich aktiv an der Politik zu beteiligen?

Antwort: Es ist für mich ganz wichtig, dass gerade junge Leute sich politisch engagieren, die mit vielen Dingen nicht zufrieden sind – und im Moment gibt es viele Gründe; wir haben in der Welt sehr viele Konfliktherde, wir haben viele Kriege, wir haben ein ganz großes Problem mit dem Klima, und Ihr habt ja jetzt mitbekommen, dass in Paris jetzt gottseidank gute Entscheidungen getroffen worden sind, die in die Zukunft reichen. Ihr, die Jugend, seid jetzt auch am Zuge und müsst Eure Stimme unbedingt erheben, Ihr müsst einfach mitmischen. Wenn Ihr das nicht selbst tut, werden das andere nicht in dem Sinne tun wie Ihr Euch das wünscht. Lasst Euch nicht irritieren. Wenn Ihr etwas zu sagen habt, erhebt die Stimme, und – was ich immer sage, wenn ich mit jungen Leuten zusammen bin – organisiert Euch in Vereinen, in Organisationen und in Parteien. Redet und entscheidet mit, damit Ihr am Ende, wenn Ihr gefragt werdet „Ja, was hast du denn dafür getan, dass unser Klima nicht zusammenbricht?“ sagen könnt „Ja, ich habe mich wenigstens auf der Ebene, auf der es mir möglich war, engagiert und habe mitgekämpft, damit die Dinge sich zum Besseren wenden.“ Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass auch junge Menschen ihre Stimme erheben, und auch deshalb kämpfen wir im Landtag mit einer Gesetzesvorlage dafür, dass es in Hessen auch sogenannte „Jugendparlamente“ in den Städten und Gemeinden gibt, die es den jungen Leuten ermöglichen, auch mit ihrer Stimme auf kommunaler Ebene mitzuentscheiden und mit zu überlegen, wie die Zukunft einer Stadt ist. Ich glaube, und das ist auch meine persönliche Erfahrung, die ich in meiner Jugend gemacht habe, dass es ganz wichtig ist, seinen Mut zusammenzunehmen und einfach mitzumischen. Ich kann Euch aus meiner eigenen Erfahrung versichern, dass es wichtig ist, dass Ihr Gehör findet. Wenn Ihr Eure Stimme lautstark erhebt und es kompetent macht, werdet Ihr irgendwann gehört und es ist wichtig, dass Ihr anfangt, Verantwortung zu übernehmen. Und deswegen appelliere nicht nur ich als Landespolitiker, sondern alle meine Kollegen, an die Jugend, sich starkzumachen, um für eine gerechtere Welt einzutreten. 

Frage: Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Als ich von Italien hierhergekommen bin, habe ich mir gedacht „Mensch, wo bin ich denn hier gelandet?“ Damals hatte ich kaum Freunde und habe mir irgendwann einmal gesagt „Wenn du dich nicht selbst engagierst und organisierst, dann wird niemand deine Interessen vertreten.“ Deswegen bin ich schon mit 14 oder 15 in Organisationen eingetreten; ich war z.B. Schulsprecher und habe schon als Jugendlicher mitgemischt. Und deswegen bin ich jetzt auch hier gelandet. Ich kann auch Euch nur raten: Bringt Euch ein, nicht mit der Brechstange, sondern mit Argumenten, und Ihr werdet irgendwann gehört. Das ist ganz sicher. Nichts anderes habe auch ich gemacht und die anderen Kollegen die hier im Landtag sind.

(Corrado di Benedetto mit Ezgi, Koray und İlyas / Hessen Toplum Zeitung)

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